Wo Schweiß und Farbe fließen
Hier zuhause tagelang am Straßenrand mit einer Halbruine ohne Licht und Nummernschild herumstehen und daran herumwerkeln geht vermutlich nicht so gut.
Also habe ich ein großes Brett über den maroden Boden im Wohnmobil geschraubt, die Stoßstange notdürftig befestigt, inständig gehofft, das mir das nicht gleich wieder alles in der ersten Kurve auseinanderfällt und bin mit meinem Katastrophenmobil zur Reparatur zu meinen Eltern gefahren und habe mich da auf den Hof gestellt - "bis es fertig ist".
Große Vorhaben bewältigt man am besten mit großem Einsatzwillen. Und mit großer Unkenntnis über die zu erwartende Arbeit.
Etwas noch mehr kaputt machen geht immer schnell und einfach und eignet sich daher optimal zum Projektstart, wenn noch nicht so ganz klar ist, womit man denn jetzt eigentlich anfangen soll. Obendrein sorgt es für ein anhaltendes Engagement, da man ja auch wieder heilen will, was man angerichtet hat.
Daher habe ich als allererstes den kaputten Boden über die ganze Fahrzeugbreite sauber herausgetrennt. Dabei schneidet man natürlich auch einiges von gutem, trocken gebliebenen Boden weg, aber ich will ja später möglichst ebenso sauber und einfach arbeiten können und nicht irgendwelche Puzzleteile anfertigen müssen um alles wieder zu schließen.
Nachdem der Boden soweit raus war, kam darunter die Heckstoßstange des Basisfahrzeugs hervor. Und jede Menge Rost. Wieder mal.
Um den musste ich mich natürlich erst mal kümmern. Zum Teil sind das Stellen, da kommt ja sonst niemand mehr wieder dran.Das Entrosten, Hohlraumversiegeln, Grundieren und Lackieren der Stoßstange hat leider einen ganzen Tag ungeplanten Aufwand verursacht. Nicht gut für den Projektverlauf und die Motivation. Am besten man macht zum Ausgleich gleich wieder etwas noch mehr kaputt. - In diesem Fall das ohnehin schon zerlöcherte Blech am Heck.
Dieses war so von Alufraß befallen und mit mehreren Schichten bekleistert mit Farbe, Dichtmasse, Silikon und etwas das sich wie abgelaufene Margarine anfühlte, dass ich kurzerhand die unteren 75cm tutti completti entfernt habe.
Da kommt direkt etwas Zelt-Feeling auf, wenn man mit offenem Heck im Wohnmobil übernachtet.
Damit war der maximale Zerstörungsgrad erreicht. Ab nun ging es wieder aufwärts.
Leider auch mit den Temperaturen. Ich habe mir für meine Aktion anscheinend ausgerechnet die heißeste Woche des Jahres ausgesucht.
Aber hilft ja alles nix. Von alleine wird es nicht fertig. Also viel Trinken, viel Schwitzen, Ersatzklamotten im Kühlschrank lagern und einfach immer weiter machen.
Erster Schritt in Richtung Neuaufbau: neuen Fußboden einbauen.
Die untere Platte des neuen Fußboden besteht aus Kunststoff. Wiegt leider gut 20kg mehr als die alte Furnierplatte, ist aber unverrottbar und wird nie Probleme mit Feuchtigkeit bekommen.
Der Fußboden wird sodann wieder wie zuvor fachwerkartig mit Holz versteift und gedämmt.
Dieses Mosaik-Gefrickel hat allerdings auch fast einen ganzen Tag gebraucht. Da kann man sich leicht ausrechnen, dass so eine Boden/Wand-Reparatur am Wohnmobil in einer Werkstatt machen zu lassen schier unbezahlbar wäre.
Da ich die ganze Woche von früh morgens bis zur Dämmerung um das Wohnmobil herumgebastelt habe, war dann noch genug Zeit bei der Gelegenheit ein neues Heckfenster einzubauen. Das Alte ist vom Glas her zwar eigentlich noch in Ordnung, aber der Fenstergummi ist nach fast 30 Jahren einfach fertig mit der Welt.
Beim neuen Heckfenster habe ich nicht gespart und ein recht gutes (und ziemlich teures) Ausstellfenster von Dometic verbaut. Im Gegensatz zum alten Fenster lässt es sich in jeder Stellung einfach wieder zu ziehen, statt - wie sonst üblich - es erst einmal ganz aufklappen zu müssen. - Das ist sehr sinnvoll, falls doch irgendwann wieder der original Fahrradträger ans Heck kommt und man deswegen das Fenster gar nicht mehr ganz ausklappen könnte.
Toll aussehen tut es ja. Wenn Wohnmobilfenster nicht so absurd teuer wären, würde ich die anderen Fenster auch gerne ersetzen.
Nach einer Woche mit viel Arbeit bin ich jetzt überall voll mit Farbe, Epoxy und Dichtmasse, das Handy erkennt meinen Fingerabdruck nicht mehr und allmählich wünscht man sich dann irgendwann auch ein Ende der Schufterei. Daher habe ich den letzten Tag mit "leichter" Arbeit verbracht (bei 35 °C) und den Aufbau gestrichen.
Die Seitenteile unter dem Aufbau wollte ich ursprünglich schwarz wie die Heckstoßstange lackieren, aber jetzt gefällt mir der sandfarbene Ton der Grundierung so gut, dass ich überlege, ob es so nicht besser aussieht.
Das Schöne am alten Wohnmobil ist ja, dass man es hemmungslos anmalen kann, wie man will. Ich muss mal mit den Kindern besprechen ob wir dem Ganzen nun ein Zebra-Safari-Look verpassen, einen Tigerentenanstrich oder was ganz anderes...